Die sechs Sinne und der innere Kompass

Februar 11, 2016

Neulich sah ich eine interessante Reportage zum Thema "Askese". Es ging darum, dass in unserer Zeit des materiellen Überflusses immer mehr Menschen bewusst Verzicht üben und ihren Lebensstil vereinfachen. In dem Format wurde unter anderem ein junger Mann interviewt, der aus der Großstadt in den Wald gezogen war, um dort in einer einfachen Hütte - ohne Heizung und fließendes Wasser - im Einklang mit der Natur zu leben.

Der Mann berichtete davon, dass sein Leben im Vergleich zu früher manchmal etwas beschwerlicher sei, dafür habe er aber Sinneserlebnisse und -eindrücke, die er so in der Stadt nicht gekannt hatte. Die Einfachheit und Klarheit, die er durch seine geistige und materielle "Entrümpelung" erfahren durfte, sei für ihn wichtiger als viele Annehmlichkeiten, die ihm sein früheres Leben in der Großstadt bot. 

Nun, ich gebe zu, dass nicht jeder für ein minimalistisches Leben im Wald geschaffen ist, um so seine Sinne mehr und mehr zu schärfen und klar zu halten. Dennoch denke ich, dass sich die meisten Menschen in sehr vielen Momenten ihres Lebens mehr Klarheit und eine deutlichere Ausrichtung, man könnte sagen, einen "inneren Kompass", der ihnen die richtige Richtung zeigt, wünschen würden.

Unsere menschlichen Sinne Hören, Riechen, Schmecken, Sehen, Tasten und der berühmte 6. Sinn (unter dem die feineren Wahrnehmungen wie Hellsehen, Hellhören, Hellfühlen, Hellspüren, Hellwissen u.a. zu verstehen sind) spielen eine große Rolle, wenn es um das Erfahren dieser inneren Richtungsweisung geht. Ja, sie sind sogar die Grundvoraussetzung für eine klare innere Ausrichtung. Unter "Sinn" verstehen wir die Wahrnehmung von äußeren und inneren Reizen über physische und nichtphysische Sinnesorgane. Ein natürliches, gesundes Aufnehmen über die physischen Sinne ist dabei Voraussetzung für jede Form der übersinnlichen Wahrnehmung. 

Doch in welcher Hinsicht hängt der "innere Kompass" mit den Sinnen zusammen? Meiner Meinung nach besteht der Zusammenhang darin, wie klar und deutlich wir in der Lage sind wahrzunehmen, was für uns selbst stimmig, gut und individuell richtig ist. Dies hängt wiederum mit der Achtsamkeit zusammen, mit der wir über unsere Sinne der Welt und den Reizen begegnen. Das heißt, wir sollten uns immer fragen: Spüre ich, ob etwas gut für mich ist oder nicht?

Wir sind heute ständig irgendwelchen Reizüberflutungen ausgesetzt (zu viel Lärm, zu viele optische Eindrücke etc.) und selbst die Nahrung, die wir tagtäglich aufnehmen, hat oft nichts mehr mit ihrem natürlichen Ursprung zu tun. Auch, wenn wir uns nicht für ein Leben abseits der Zivilisation entscheiden, können wir einiges tun, um unsere Sinne möglichst klar zu halten. Das kann z.B. damit beginnen, dass wir darauf achten, möglichst unverarbeitete Nahrung aufzunehmen, uns bei kosmetischen Produkten für die natürlichste Variante entscheiden oder beim Medienkonsum darauf achten, was und wie lange wir etwas konsumieren. Je achtsamer wir dabei vorgehen, desto klarer und unvernebelter werden unsere Sinneswahrnehmungen. Daraus leitet sich dann z.B. auch ab, dass wir ein untrügliches Gespür dafür bekommen, was uns gut tut und was nicht. Das betrifft alle Bereiche unseres Lebens - von der Ernährung bis zu den Beziehungen, die wir führen. 

Durch mehr Achtsamkeit unseren Sinnen gegenüber und der Natürlichkeit, die wir in unser Leben bringen, ist es für uns immer mehr möglich, diesen "inneren Kompass", den jedes Wesen in sich hat, besser wahrzunehmen, ihn zu stärken und der Richtung, in die er uns weist, vertrauensvoll zu folgen. 

"Übertriebene Farben gefährden das Sehen. Überstiegene Töne töten das Hören. Überspitzte Kost kostet den Geschmack. Überreizte Erregung erregt Unnatürlichkeit. Überhäufter Besitz besitzt den Besitzenden. Also der Erwachte: Ihn verleitet nichts Zeitliches. Ihn leitet das Zeitlose." 

Laotse
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