In den vergangenen Jahren habe ich öfters Zeit in unterschiedlichen Ashrams in Indien verbracht. Seit ich ungefähr zehn Jahre alt war, träumte ich davon, in dieses bunte Land zu reisen und so es war kaum verwunderlich, dass es sich für mich fast wie ein Nachhausekommen anfühlte, als ich zum ersten Mal indischen Boden betrat. Ich begann Yoga zu praktizieren und fand heraus, dass es neben dem bekannten Hatha Yoga auch das Karma Yoga gibt.
Dies ist der Weg des Handelns oder selbstlosen Dienens. Es geht dabei neben anderen Aspekten darum, völlig präsent zu sein in seinem Tun, die ganze Aufmerksamkeit dem eigenen Handeln zu widmen - ohne gleichzeitig bestimmte Erwartungen an das Ergebnis zu haben. Das Schöne ist, dass man, um Karma Yoga zu praktizieren, keinen Kurs besuchen muss, sondern es eigentlich in jedem Augenblick leben kann, vor allem aber dann, wenn man etwas uneigennützig tut. In vielen spirituellen Gemeinschaften versteht man unter Karma Yoga vor allem Hausarbeit zu verrichten wie Putzen, Bügeln, handwerkliche Tätigkeiten oder andere Arbeiten, die der Gemeinschaft dienen. Dabei wird großer Wert darauf gelegt, dass man seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf das richtet, was man gerade tut. Häufig wird gesagt, dass Meditation die beste Technik sei, um den Geist zu fokussieren und zu beruhigen. In meinen Augen ist Karma Yoga genauso dafür geeignet, um Zentrierung zu üben. Wenn wir beim Verrichten alltäglicher Tätigkeiten wie Zähneputzen, Geschirrspülen oder dem Wohnungsputz ganz bei dem sind, was wir tun und uns nicht von Gedanken an die Vergangenheit oder Zukunft ablenken lassen, ist das ein ganz wunderbares Training für einen zentrierten Geist. Gelingt es uns, diese Zentrierung zum großen Teil in unser Leben zu integrieren, hat das unglaublich positive Auswirkungen. Durch einen fokussierteren Geist können wir die Zeit dehnen und uns damit aus dem Strudel der Alltagshektik entfernen. Ich glaube, wir alle haben mittlerweile bemerkt, dass wir in einer Epoche leben, in der sich vieles verändert und das teilweise in rasanter Geschwindigkeit. Wir können dieser Schnelligkeit größtenteils entrinnen, indem wir mehr und mehr im Moment leben und dies ständig üben. Ich finde, beim Putzen gelingt das besonders gut. Eine kleine Hilfe kann dabei auch sein, sich innerlich das aufzusagen, was man gerade tut wie etwa "Ich putze das Waschbecken", "Ich spüle das Geschirr" oder "Ich schneide das Gemüse". Das klingt jetzt vielleicht etwas banal, kann aber sehr unterstützend sein. Es soll hier außerdem nicht verschwiegen werden, dass ein zentrierter Geist auch unseren Körper und unsere Gesundheit unterstützt. Denn wenn wir im Augenblick und in unserem Körper präsent sind, wird dieser mit Bewusstsein gefüllt und energetisch aufgeladen. Jede Zelle kann dadurch sozusagen "leuchten".
Neben allen spirituellen und körperlichen Aspekten gibt es natürlich auch ganz "irdische" Vorzüge: Eine saubere und klare Umgebung gibt uns ein gutes Gefühl und wirkt harmonisierend auf Körper, Geist und Seele.
"Du reist immer aus der Vergangenheit in die Zukunft. Und das Hier und Jetzt ist gegeben, um die goldene Mitte zu leben."
Andrea InEssenz