Verzeihe dir selbst und werde frei
Wir alle haben im Laufe unseres Lebens schon Situationen erlebt, in denen wir verletzt wurden, in denen andere Menschen uns durch ihr Verhalten Schmerzen zugefügt haben. Ich kenne niemanden, der diese Erfahrung nicht gemacht hat.
Wenn wir uns auf den spirituellen Weg, den Weg der Heilung, begeben und bereit sind, uns die Themen der Vergangenheit anzusehen und loszulassen, kommen wir an dem Thema Vergebung
meistens nicht vorbei. Es ist eine Thematik, in der sehr viele Widerstände, aber auch die größte Heilung steckt. Alles, was wir nicht vergeben können, ob wir uns nun dessen bewusst sind oder nicht, hindert uns daran, im Leben voranzuschreiten. Manchmal drehen wir uns gefühlt im Kreis, weil wir immer wieder ähnliche Erfahrungen mit verschiedenen Menschen machen, die unsere tiefsten Verletzungen berühren. Sehr wahrscheinlich ist es dann so, dass es in unserer Vergangenheit etwas gibt, das wir anderen oder uns selbst nicht vergeben haben. Oft liegt das so weit zurück, dass wir gar nicht mehr den Zusammenhang zu unseren heutigen Erfahrungen herstellen können. So mancher Schmerz liegt auch in früheren Leben und ist in der Erinnerung unserer Seele abgespeichert, so dass wir es fühlen, ohne uns dessen bewusst zu sein.
In meiner Heilarbeit kann ich des Öfteren beobachten, dass Menschen eher dazu bereit sind, anderen zu verzeihen, als sich selbst zu vergeben. Ich persönlich kenne das auch aus meinem Leben. Ich konnte vieles und vielen vergeben, aber mir selbst wirklich zu verzeihen, fiel mir schwer. Erst als ich merkte, dass ich mich selbst nicht richtig liebte, erkannte ich, dass ich diesen wichtigen Schritt machen musste, um loslassen zu können und frei zu sein.
Für mich begann ein Weg, mir alles zu verzeihen, was ich anderen und vor allem mir selbst angetan hatte. Ich habe mir verziehen, dass ich schlecht von mir dachte, dass ich nicht gut auf mich aufgepasst habe, dass ich mich mit Menschen umgab, die nicht gut für mich waren. Ich habe es damals nicht besser gewusst.
Erst als ich mir selbst vergeben konnte, begann ich, mich wahrhaft selbst zu lieben. Ich habe gelernt, dass ich Fehler machen darf, dass ich nicht perfekt sein muss, dass es zum Menschsein dazugehört, verletzt zu werden und manchmal andere zu verletzen. Als ich mir selbst vergeben konnte, wollte ich mein Herz nicht mehr verschließen, weil es nicht den Anspruch auf Perfektion, sondern auf Lebendigkeit hat. Ich lerne, jede Erfahrung als Geschenk zu sehen, das mich wachsen lässt.
Ich möchte dir hier eine Übung vorstellen, wie ich die Selbstvergebung praktiziere, und vielleicht hast du Lust, diese schnelle und effiziente Technik selbst auszuprobieren. Es handelt sich dabei um eine kleine Meditation, die wenig Zeit benötigt, aber sehr effektiv ist. Und so kannst du die Meditation gestalten:
Setze dich bequem hin, schließe die Augen und stelle beide Füße auf den Boden. Atme ein paar Mal tief ein und aus und lasse deinen Atem ruhig fließen. Spüre, wie du langsam ruhiger und entspannter wirst.
Stell dir nun vor, wie aus deinen Fußsohlen Wurzeln aus hellem Licht tief in die Erde hinein wachsen. Sieh, wie sich die Wurzeln in der Erde in alle Richtungen ausbreiten und spüre wie du dadurch fest in der Erde verankert wirst. Nimm noch einmal ein paar tiefe Atemzüge.
Dann lege eine Hand auf dein Herz und konzentriere dich ganz auf deinen Herzbereich. Spüre, wie dein Herz schlägt. Es schlägt etwa 100.000 Mal pro Tag für dich, ohne dass du dafür etwas tun musst. Ist das nicht ein Wunder? Bedanke dich bei deinem Herzen, dass es so gut für dich arbeitet.
Dann stell dir vor, wie du in dein Herz hineingehst. Spüre, wie es sich anfühlt, in deinem Herzen zu sein und nimm alles aufmerksam wahr. Stelle dir nun bitte vor, wie du einen Weg entlang gehst. Dieser Weg führt dich in einen Garten, der zu einem Haus gehört. Du gehst durch den Garten und klopfst an die Haustür. Nimm wahr, welche Beschaffenheit diese Tür hat. Ist es schwere Holztür, handelt es sich um eine Tür aus Metall oder etwa aus Glas? Du klopfst nochmal und jemand öffnet dir. Dieser Jemand bist du selbst.
Begrüße dich und betrachte dich aufmerksam. Frage dich, wie es dir geht und frage dich, was du brauchst, damit es dir besser geht. Wenn du vielleicht etwas benötigst wie Zuwendung, Geborgenheit oder Liebe, dann kannst du in diesem Moment die Urquelle, die Engel oder andere Lichtwesen bitten, dies in dir zu integrieren. Beobachte, was sich verändert, wie alles harmonisiert wird und wie sich dein Herz erleichtert.
Frage dich jetzt, ob du vielleicht noch etwas benötigst, damit es dir absolut gut geht. Integriere auch dies.
Lasse dann aus deinem Herzen eine helle Lichtbrücke zu dem Herzen der Person, die in der Tür steht, wandern und sende über diese Verbindung so viel Liebe, wie es dir im Augenblick möglich ist.
Dann sprich bitte: "Meine Liebe/mein Lieber, bitte verzeih mir, verzeih mir bitte alles, was ich dir angetan habe. Es tut mir so leid, aber ich wusste es nicht besser. Bitte vergib mir, dass ich....(hier kannst du alles einfügen, für das du dich schuldig fühlst). Bitte verzeih es mir aus tiefstem Herzen. Ich liebe dich so sehr und ab jetzt werde ich besser auf dich achten und dafür sorgen, dass es dir immer gut geht. Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ich liebe dich."
Nun beobachte, was mit deinem Ich, das in der Tür steht, geschieht. Vielleicht kannst du wahrnehmen, dass diesem Ich die Tränen herunterlaufen, dass dieses Ich sich freut. Vielleicht kannst du auch sehen, dass ihr euch umarmt und wie die Liebe zwischen euch frei fließt. Lass alles geschehen und beobachte einfach, was sich tut.
Wenn du das Gefühl hast, dass es im Augenblick gut ist, wie es ist, bedanke dich bei deinem Ich, öffne die Augen und komme mit deinem Gewahrsein wieder ins Hier und Jetzt zurück.
Du kannst diese Übung so oft wiederholen, wie du willst und natürlich auch dazu verwenden, um anderen zu vergeben.
Wenn du dir selbst vergibst, heilst du.
Wenn du dir selbst vergibst, wächst deine Liebe zu dir selbst.
Wenn du dir selbst vergibst, wächst die Liebe zu anderen.
Wenn du dir selbst vergibst, heilst du dich und die Welt.
Danke, dass du mit deiner Selbstvergebung hilfst, eine friedvolle und liebevolle Welt zu erschaffen.
"Vergebung besteht darin, das Vergangene loszulassen und sich darüber klar zu sein, dass, auch wenn etwas falsch war, der Weg nach vorne damit beginnt, dass wir neu anfangen."
Jack Kornfield